Was ist gebundenes CO2?
Ein Baum betreibt – wie jede Pflanze – Photosynthese. Dazu benötigt er diverse Nährstoffe, Wasser, Sonnenenergie und vor allem auch Kohlenstoffdioxid (CO2)! Dabei wird das CO2 zerlegt, Sauerstoff (O2) an die Atmosphäre abgegeben und Kohlenstoff (C) in die Molekülstruktur des Holzes eingelagert. Lässt man das Holz verrotten oder verbrennt es, wird der Prozess umgekehrt. Der Kohlenstoff des Holzes verbindet sich mit dem Sauerstoff der Atmosphäre zu CO2. Dies bedeutet, dass der im Holz gebundene Kohlenstoff (C) wieder als CO2 an die Atmosphäre abgegeben wird. Zum Aspekt des Klimaschutzes ist es deshalb sinnvoll, dass Holz aus diesem Kreislauf des Wachsens und Verrottens herauszulösen und es am besten unverändert als Baumaterial zu verwenden.
Helfen uns Holzhäuser in der CO2-Frage?
In einem Interview mit Prof. Hermann Kaufmann der Technischen Universität München spricht er über Holz als Baumaterial der Zukunft: „Nachwachsende Rohstoffe gewinnen angesichts des Klimawandels an Bedeutung und da ist Holz definitiv ein Hoffnungsträger. Denn Holzhäuser helfen uns in der CO2-Frage: Bäume entnehmen CO2 aus der Atmosphäre und binden dieses in Form von Kohlenstoff im Holz. Wird das das Holz verbaut, wird Platz für neues Waldwachstum geschaffen. In gewisser Weise werden durch Holzhäuser ein zweiter Wald, ein zusätzlicher Kohlenstoffspeicher, in die Dörfer und Städte gestellt. Darüber hinaus ersetzt Holz aber auch Baustoffe, die mit fossiler Energie erzeugt werden. Bei einem Holzhaus das schließlich am Ende seines Lebens angekommen ist, kann das Material entweder weiterverwertet werden oder zur CO2-neutralen Energieerzeugung beitragen.“[1]
Gibt es in unseren Wäldern genügend Holz für den Holzhausbau?
Durch nachhaltige Forstwirtschaft wird das Ökosystem Wald gesichert. Mehr noch: Es bleibt stabil! Die Vielfalt der Wälder wird durch eine geregelte Bewirtschaftung bewahrt, weil diese nur so viel Holz nutzt, wie im gleichen Zeitraum nachwächst. Jeder genutzte Stamm schafft Platz für neue Bäume und vermehrt den Kohlenstoffspeicher (C) im Holz. Eine einzige Sekunde dauert es in Bayerns Wäldern, bis ein Kubikmeter Holz nachgewachsen ist. Bayern ist reich an Wald, es existieren rund 400 Festmeter (Raummaß für Rundholz = ein Festmeter entspricht einem Kubikmeter (m³) fester Holzmasse) pro Hektar an Holzvorrat. Laut einer Studie der TU München könnte man mit nur einem Drittel der nachwachsenden Holzmenge den gesamten Hochbau in Bayern in Holzbauweise realisieren. In nur einem Jahr wachsen in Bayern rund 29,5 Millionen Kubikmeter Holz nach. Für ein durchschnittliches Einfamilienhaus in Holzrahmenbauweise braucht man ca. 60 Kubikmeter Holz – das ist in einer Minute schon wieder nachgewachsen. Ein „Ausverkauf“ des Waldes droht also auch bei einer verstärkten Holznachfrage nicht.
Schon vor fast 300 Jahren definierte Hans Carl von Carlowitz[2], dass nicht mehr Holz geerntet werden darf als nachwächst. Das Grundprinzip der Nachhaltigkeit war erfunden und wurde ständig weiterentwickelt. Ohne dem Ökosystem Wald in Deutschland zu schaden, kann Holz aus zertifizierten Wäldern also guten Gewissens genutzt werden. Die gesetzlich verankerte, nachhaltige Forstwirtschaft umfasst heute mehr als die ursprüngliche Flächennachhaltigkeit. Ökologische und soziale Komponenten werden ebenso berücksichtigt wie der ökonomische Aspekt. Die Zertifizierung der Forstwirtschaft fasst diese Anforderungen zusammen. Die Dokumentation nachhaltigen Wirtschaftens und die fortlaufende Kontrolle durch unabhängige Dritte hat im Zuge der Globalisierung der Märkte ständig an Bedeutung gewonnen. In Deutschland sind bereits mehr als 70 % der Waldfläche gemäß den drei Nachhaltigkeitsprinzipien zertifiziert und gesichert.[3]
Wie viel CO2 speichert ein Baum?
Ein Baum speichert während der Wachstumsphase rund 1 Tonne Wird das Holz verbaut, bleibt das CO2 in Form von Kohlenstoff gebunden. Der Wald fungiert folglich als CO2-Senker. Er bindet mehr CO2 aus der Luft, als er abgibt. Jedoch wirkt die Speicherfunktion von Holz erst bei der Nutzung. Jeder Baumstamm, der geerntet wird und im Holzbau Verwendung findet, schafft Platz für neues Waldwachstum und vermehrt so den Kohlenstoffspeicher im Holz. Deshalb ist es wichtig, aus Holz möglichst langlebige Produkte herzustellen. Die Festlegung von CO2 in Holzprodukten hatte in den letzten Jahren einen 2,5-mal größeren Klimaschutzeffekt als die CO2-Speicherung im Wald allein. Aktuell ist in den Wäldern und den Holzprodukten Bayerns so viel CO2 gespeichert, wie im Freistaat in den letzten 30 Jahren ausgestoßen wurde. In einem Einfamilienhaus aus Holz können bis zu 80 Tonnen CO2 gebunden sein. Auch in Möbeln und anderen langlebigen Holzprodukten bleibt der Kohlenstoff über viele Jahre gebunden. Ein Einfamilienhaus in Holzbauweise das nur etwa 30 Kubikmeter Holz in der Konstruktion verwendet, werden der Atmosphäre dauerhaft über 25 Tonnen CO2 entzogen, allein durch einen Dachstuhl aus Holz immerhin rund acht Tonnen CO2. In Deutschland sind in Holzprodukten rund 118 Millionen Tonnen CO2 gespeichert. Jedoch den mengenmäßig größten Klimaschutzeffekt erreichen wir, indem wir fossile Rohstoffe und Energieträger, die viel CO2 freisetzen, vermeiden und durch Holz ersetzen. Durch den Einsatz von Holz in der stofflichen und energetischen Verwendung wird jährlich die Freisetzung von rund 80 Millionen Tonnen CO2 aus fossilen Brennstoffen vermieden. Eine Kaskadennutzung des Holzes, bei der die energetische Nutzung erst nach der stofflichen erfolgt, hat dabei den größten Klimanutzen. Erst am Ende ihres Lebenszyklus geben Holzprodukte die gespeicherte Menge CO2 wieder ab, die jedoch wiederum von wachsenden Bäumen gespeichert wird. So entsteht ein geschlossener, neutraler CO2-Kreislauf.[4]
Hat Holz eine positive Energiebilanz im Gegensatz zu herkömmlichen Baumaterialien?
Mit Häusern aus Holz kann der Kohlenstoffspeicher aus dem Wald vergrößert werden. Jeder Kubikmeter verbautes Holz bindet langfristig 1 Tonne CO2 [5].
Dazu kommt, dass Holz andere Baustoffe wie Ziegel, Beton oder Stahl ersetzt. Diese sind im Gegensatz[6]zu Holz in der Herstellung CO2-intensiv. Holz muss nicht unter hohem Energieverbrauch in Hochöfen oder Brennwerken hergestellt oder aus der Erde gefördert werden. Holz wächst im Wald und braucht dazu nur Erde, Wasser, Licht und Luft. In Holzprodukten steckt mehr Energie, als zu deren Herstellung benötigt wird. Ein Brettschichtholzträger (BSH) beispielsweise verbraucht weniger Energie als im Produkt gebunden ist. Mehr noch: Aus dem überschüssigen Produktionsverschnitt, dem Restholz, und aus dem Produkt am Lebenswegende kann durch klimaneutrale Verbrennung die darin gebundene Energie wiedergewonnen werden. Auch bei der Verbrennung von Holz entsteht CO2. Der gewaltige Unterschied zu fossilen Brennstoffen ist jedoch: Es entsteht nur so viel CO2, wie der Baum, dessen Holz wir verwenden, während seines Wachstums aus der Atmosphäre aufgenommen hat. In der Summe ist Heizen mit Holz also klimaneutral. Deswegen werden Holzprodukte auch als „Plus-Energie-Produkte“ bezeichnet.
Mehr als die Hälfte der im Holz gespeicherten Sonnenenergie wird mit auf den weiteren Lebensweg genommen und kann nach dem Nutzungszeitraum fast ohne Verlust als Wärmeenergie oder Strom wiedergewonnen werden. Für den Transport von regionalem Holz und Holzprodukten wird nur ein Bruchteil ihres Energiegehalts verbraucht, denn Holz wird von den Sägewerken und verarbeitenden Unternehmen in der Regel aus einem Umkreis von höchstens 300 Kilometern bezogen. Auch die Verarbeitung von Holz erfordert vergleichsweise wenig Energieeinsatz. In Summe haben Holzprodukte eine positive CO2-Bilanz, während andere Baustoffe in der Herstellung CO2 verursachen[7]. Wird Holz anstatt anderer Baustoffe eingesetzt, fällt der CO2-Ausstoß aus deren Produktion gar nicht erst an. Holzprodukte beinhalten somit wenig „Graue Energie“. Das ist die Energie, die über den gesamten Lebenszyklus eines Produktes aufgewendet wird, inklusive Herstellung, Transporte, Nutzung und Entsorgung. Und bei Gebäuden ist das die Energie, die unsichtbar in den Bauteilen steckt. Nach dem Klimaschutzabkommen[8] von Paris bemühen sich die Regierungen unter anderem den Heizenergiebedarf in Gebäuden durch erneuerbare Energien zu reduzieren und vergessen dabei, den hohen Energieverbrauch bei der Herstellung von Häusern aus Stein, Beton und Stahl. Berechnungen zeigen, dass die „Graue Energie“ in diesen Häusern dabei meist so hoch ist wie der Heizenergiebedarf für mehrere Jahrzehnte Nutzung. Baustoffe wie Stahl, Zement und Ziegel brauchen für ihre Herstellung sehr hohe Temperaturen – und um diese zu erzeugen, braucht es sehr viel Energie. Diese Energie ist dann bildlich gesprochen im Baumaterial „gespeichert“ und geht beim Abriss des Gebäudes verloren[9]. Zudem wird für die Entsorgung des Bauschuttes zusätzlich Energie verschwendet. 50 % aller in Deutschland genutzten Rohstoffe fließen in den Bau und den Betrieb von Gebäuden. Sie sind für 60 % aller Abfallstoffe verantwortlich[10].
Ein Beispiel: 1 Quadratmeter Außenwandaufbau in Massivholz erspart unterm Strich (CO2-Bindung im Holz minus CO2-Emissionen in der Herstellungsphase) ungefähr jene Menge CO2, die ein vergleichbarer Wandaufbau aus Beton im Gegenzug verursachen würde.
CO2-Bilanz von 1 Quadratmeter Außenwandaufbau:
Massivholz – 88 kg CO2
Holzrahmen – 45 kg CO2
Ziegel + 57 kg CO2
Beton + 82 kg CO2
Holz statt Beton oder Ziegel?
Acht Prozent der globalen CO₂-Emissionen wird von der Zementindustrie produziert und zählt in Sachen Klimaschutz somit zu den Problemfällen. Forscher um Galina Churkina von der Yale University schlagen vor, Beton im großen Stil durch Holz zu ersetzen und Städte so zu einem riesigen CO₂-Speicher zu machen. Seit 1990 hat sich die globale Zement- und Ziegelproduktion in etwa vervierfacht. Gut die Hälfte der Emissionen ist rein chemisch bedingt. Bei der Umwandlung des Moleküls Calciumcarbonat (CaCO₃) in Calciumoxid (CaO), den Hauptbestandteil von Zementklinker, bleibt jeweils ein Molekül CO₂ übrig. Es gibt nur eine Lösung: weniger Zement. Das Team um Churkina forschte vor allem mit dem Potenzial von Holzverbundstoffen, wie Brettschichtholz oder Brettsperrholz. Dabei wurden diesen Baustoffen hohe Stabilität und Vielseitigkeit bescheinigt – sogar in Hochhäusern. Ein fünfstöckiges Wohngebäude aus Brettschichtholz kann beispielsweise bis zu 180 Kilogramm CO2 pro Quadratmeter speichern.
Sein Kollege Schellnhuber sagt abschließend: „Die Menschheit hat Holz für viele Jahrhunderte für Bauwerke genutzt, doch jetzt geht es angesichts der Herausforderung der Klimastabilisierung um eine völlig neue Größenordnung. Wenn wir das Holz zu modernen Baumaterialien verarbeiten und die Ernte und das Bauen klug managen, können wir Menschen uns ein sicheres Zuhause auf der Erde bauen“[11].
Interessante Zahlen: Wieviel CO2 verbrauchen wir?
1 t CO2
sind in 1 m³ Holz gebunden
(Quelle: Publikation „Bauen mit Holz = aktiver Klimaschutz“)
40–80 t CO2
sind in einem Einfamilienhaus aus Holz gebunden
(Quelle: Publikation „Bauen mit Holz = aktiver Klimaschutz“ )
3,2 t CO2
setzt ein Mittelklasse-Pkw pro Jahr (15.000 km) frei
(Quelle: Publikation „Daten zum Verkehr) www.umweltbundesamt.de
2,13 t CO2/Person∙Pkw (30% Auslastung)
0,45 t CO2/Person Reisebus (60% Auslastung)
0,67 t CO2/Person∙ Bahn (44% Auslastung)
0,6 t CO2
setzt ein Passagier beim Flug München–Mallorca–München frei
0,25 t CO2/Person Berlin (1 050 km)
3,86 t CO2/Person New York (13 050 km)
5,90 t CO2/Person Los Angeles (19 320 km)
9,99 t CO2/Person Sydney (30 310 km)
www.atmosfair.de
1,5 t CO2
setzt jeder Deutsche pro Jahr für seine Ernährung frei
(Quelle: „Die CO2 Bilanz des Bürgers“)
www.umweltbundesamt.de
5,2 t CO2
setzt das Verbrennen von 2.000 l Heizöl frei
www.prima-klima-weltweit.de
Mit einem Programm des Bayrischen Landesamt für Umwelt können Sie Ihren persönlichen Energiebedarf und die dadurch entstehenden CO2 -Emissionen ganz einfach abschätzen. Sie erfahren außerdem, wie gut oder schlecht Sie im Vergleich zum deutschen Durchschnitt dastehen[12]. https://lfu.co2-rechner.de/de_DE
Quellen:
[1] https://www.tum.de/nc/die-tum/aktuelles/pressemitteilungen/details/34970/
[2] https://www.forstwirtschaft-in-deutschland.de/forstwirtschaft/nachhaltigkeit/hans-carl-von-carlowitz/
[3] (https://www.forstwirtschaft-in-deutschland.de/forstwirtschaft/zertifizierung/
[4] https://www.forstwirtschaft-in-deutschland.de/forstwirtschaft/produkte-leistungen/holz/)
[5] https://proholz-bayern.de/holz/
[6] https://www.wissenschaft.de/erde-klima/holzgebaeude-als-co2-senke/)
[7] https://www.cluster-forstholzbayern.de/images/stories/downloads/broschuere/broschuere-bauen-mit-holz-klimaschutz.pdf
[8] https://www.bmwi.de
[9]https://www.ppe.tum.de/fileadmin/w00bqx/www/content_uploads/151016_Leitfaden_OEkologische_Kenndaten.pdf)
[10] (www.sonderabfall-wissen.de/wissen/immer-mehr-bauschutt-entsorgung-und-recyclingpotenzial)
[11] Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung, Fachartikel: Nature Sustainability, doi:10.1038/s41893-019-0462-4
[12] https://lfu.co2-rechner.de/de_DE
Ich erachte diese Thematik als unglaublich relevant. Danke, dass ihr Informationen zum Holzbau verbreitet. Mehr Personen sollten darüber wissen.
Wow, danke für diese Informationen, dass Holzbau so nachhaltig ist, hätte ich im Leben nicht gedacht. Die Emissionen die bei der Beton oder Ziegelherstellung entstehen sind wirklich nicht zu vernachlässigen, wie Sie schon schreiben und daher bin ich nun überzeugt, dass Holz zu verbauen wirklich eine sehr sinnvolle Alternative ist. Wir möchten unser Haus umbauen bzw. einen Teil anbauen lassen und ich werde nun meine Frau versuchen zu überzeugen, dass wir uns für Holz als Material entscheiden. Danke für den Gedankenanstoß!